Wir alle kennen sie, die Menschen, die nach Eisen fragen, die in Containern oder beim Sperrmüll unterwegs sind und trostlos alles einsammeln, was einen Gewinn verspricht.
Doch was passiert mit den nutzlosen Dingen? Wohin gelangen diese? Und kann man eigentlich vom Rohstoffsammeln leben?
Eine Arbeit am Existenzminimum
Circa 30 Romafamilien in Kiseljak leben vom Rohstoffsammeln am Existenzminimum. Sie sammeln Abfall und sortieren und säubern ihn dann, um ihn an Aufkäufer*innen weiterzuverkaufen. Sie betteln nicht, sie klauen nicht, sondern arbeiten hart, oft 16 Stunden am Tag. Zumeist sind es männliche Roma, die dieser Tätigkeit nachgehen. Für sie ist es die einzige Art, Geld zu verdienen. Solange sie sich an die Regel halten, den Rohstoff nicht aus Containern der Müllfirma in Tuzla zu nehmen, bewegen sie sich im Rahmen des Gesetzes.
Soziale Firmen
Um die Themen Arbeit, Umweltschutz und Gemeinwesenentwicklung zusammenzubringen, hat sich die Bürgerstiftung Tuzla entschlossen, die Rohstoffsammler zu beraten und ihnen finanzielle Hilfen zu geben, um ihre Arbeit zu verbessern und sicherer zu machen. Von Seiten der Rohstoffsammler gab es großes Interesse daran, sie wollen ihre Vorgärten sicherer und schöner organisieren.
Während der Saison arbeiten sie bis zu 16 Stunden
S. M. ist einer der Sammler, die Unterstützung erhalten. Er ist 38 Jahre alt und hat 4 Kinder. Stolz erzählt er, dass seine Kinder gut in der Schule sind und dass er selbst die weiterführende Schule beendet hat. Leider hat er jedoch nie eine Anstellung gefunden. „Ich finde mich zurecht, irgendwie überleben wir. In der Saison arbeite ich den ganzen Tag. Ich gehe um 7 Uhr morgens los und komme gegen 22 Uhr wieder. Und dann muss ich noch das Auto ausladen. Es ist nicht leicht. Es fällt mir physisch und psychisch nicht leicht. Aber vom Herumsitzen habe ich auch nichts.” S. M. Ist der erste Sammler, der bereit war, sich offiziell beim Ministerium zu registrieren. Durch die Beratung der Bürgerstiftung hat er seine Arbeitsweise verbessert. Jetzt bietet er auch Gartenarbeiten oder Entrümpelungen an. Der Vorgarten dieser Familie ist sehr ordentlich. Er sagt, sie passen wegen der Kinder und der Nachbarn auf. Die Werkzeuge, die er von der Bürgerstiftung erhalten hat, helfen ihm sehr. Sein Traum ist, dass er irgendwann vom Sammler zum Aufkäufer wird.
Wegen der hohen Preise für die Sperrmüllabfuhr entwickeln sich illegale Ablagerungen
Nachdem die Rohstoffsammler den Müll sortiert haben, entsteht das Problem, wohin sie den Restmüll bringen sollen. Damit nicht weiter illegale Mülldeponien entstehen, hat sich die Bürgerstiftung Tuzla entschlossen, große Müllcontainer zur Verfügung zu stellen und deren Abfuhr zu organisieren. Gleichzeitig wird versucht, auf das Bewusstsein der Bürger*innen einzuwirken, gemeinsam das Problem zu lösen.
Dieses Angebot hat eine junge Familie genutzt, sie haben viel Restmüll aus ihrem Garten in den Container geladen. A. M. ist 21 Jahre alt. „Mit dem Müllsammeln habe ich begonnen, nachdem ich nach der 5. Klasse die Schule verlassen habe. Mit meinem Vater bin ich Rohstoffsammeln gegangen und später alleine. Zuerst war ich mit einer Schubkarre unterwegs, aber jetzt ist es einfacher, weil ich einen Transporter habe und nun auch noch Werkzeuge. Ich verdiene im Durchschnitt 150 – 200 € im Monat. Das reicht für grundlegende Sachen. Der Container hat mir viel bedeutet, denn er kostet sonst 50 € und das kann ich mir wirklich nicht leisten. Es ist mir nicht egal, wie mein Vorgarten aussieht, wenn dort Chaos herrscht und die Nachbarn sich beschweren. Auch ich würde mich freuen, wenn er besser aussieht, vor allem weil mein Kind bald mit dem Laufen anfängt und ich dann mehr aufpassen muss”, erzählt A. M. Besondere Zukunftspläne hat er nicht, denn er ist gezwungen, von Tag zu Tag zu leben.
Ein sensibleres Bewusstsein für Hygiene und Sicherheitsaspekte
E. M. beschäftigt sich schon lange mit dieser Arbeit. Er hat sich immer dafür eingesetzt, dass sich die Rohstoffsammler zusammentun und gemeinsam einen Container bestellen. „Das kann man nicht wegschmeißen außer in die Natur und ich wollte nie den Müll in den Wald werfen, ich habe immer einen Weg gefunden, den Restmüll zur Deponie zu fahren.” Mit 43 Jahren und 5 Kindern wurde E. M. krank. Er arbeitet weiter, aber nicht mehr so viel wie früher. Beim Abladen helfen die Leute aus der Nachbarschaft und seiner Frau wird geholfen, wenn sie den Vorgarten reinigt. Eine große Hilfe sind ihm die Schleifmaschinen, denn für sauberen Rohstoff erhält man mehr Geld.
Umweltschutz ist eine Grundvoraussetzung für die touristische Entwicklung in Kiseljak
Eine Umgebung, in der viele illegale Mülldeponien existieren, wirkt sich negativ auf die Pläne von Kiseljak aus, touristische Angebote zu entwickeln.
Durch den Einsatz vieler Vereine ist die positive Veränderung inzwischen sichtbar. Die Entwicklung ist greifbar. Trotzdem braucht es noch viel Engagement. Doch da sich nun die Bewohner*innen den Vereinen anschließen, gibt es Hoffnung auf weitere Lösungen. Gemeinsam mit allen müssen hier systematische Lösungen gefunden werden.
Wie Umweltschutz, Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Entwicklung eines Ortes zusammen funktionieren, zeigt die Bürgerstiftung Tuzla in Kiseljak.
Bilder: Bürgerstiftung Tuzla