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SREBRENICA

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Blog #2

10.07.2022

Autorin: Dr. Monika Kleck

SREBRENICA

am 11. Juli 2022 jährt sich der Fall von Srebrenica zum 26. Mal. Der Tag ist verbunden mit der Ermordung von 8372 Männern und der Vertreibung der kompletten Bevölkerung – einem Genozid.

Über die äußerst gewaltsamen Ereignisse gibt es inzwischen neben der Dokumentation des Kriegsverbrechertribunals in den Haag, welches die Vorgänge als Genozid definierte, auch viele Bücher und Augenzeugenberichte. Selbst Videoaufnahmen bezeugen das Vorgehen der serbischen Soldaten. Der Film Quo Vadis Aida hat die Abläufe einem breiteren Publikum bekannt gemacht.

Und trotz oder gerade wegen all dieser Dokumentationen und unwiderlegbaren Beweise wird in serbischen Kreisen der Genozid geleugnet. Auf allen Seiten wird Srebrenica politisiert und werden die Hinterbliebenen instrumentalisiert. Gleichzeitig gibt es inzwischen auch gute Initiativen die sich um Versöhnung bemühen.

Seit im letzten Jahr der Damalige Hohe Repräsentant Inzko das Leugnen des Genozids unter Strafe stellte, haben die politischen Spannungen zugenommen. Selbst eine Spaltung des Landes wird nicht ausgeschlossen. Der Nationalismus ist voll entbrannt. Uns so sind dieses Jahr die Provokationen deutlich zu sehen.

Nur zwei Beispiele:

So wurde schon vor einiger Zeit ohne Beweise über „geplante Zwischenfälle“ gemunkelt. Angeblich würden die Gedenkfeiern genutzt, um serbische Ziele anzugreifen. Von der anderen Seite wurde dies als bewusst erfundene selbsterfüllende Prophezeiung abgetan, die genutzt wird, die Gedenkfeiern zu stören.

Am 9.7. tauchen am Straßenrand an der Zugangsstraße nach Srebrenica die Fotos von serbischen Männern auf, die während des Krieges getötet wurden. Für die einen ein legitimes Gedenken, für die anderen eine Provokation. Die Fotos gelten weniger dem Gedenken der Toten, sondern es wird die Menschen, die im Gedenken der toten Familienangehörigen am 11.7. nach Srebrenica kommen, verletzen. Das legitime Gedenken an alle Toten auf allen Seiten wird hier zu politischen Zwecken missbraucht. Tote können nicht gegeneinander aufgerechnet werden.

Auch auf bosniakischer Seite ist der Umgang mit den Opfern von Srebrenica auf politischer Ebene nicht von stillem Gedenken oder einer versöhnenden Aufarbeitung geprägt. Hier werden die Zahlen der Opfer genutzt, um die anderen an den Pranger zu stellen und nicht über eigene Taten zu sprechen.

Die wirklichen Opfer dieses Missbrauchs von allen Seiten sind die Familienangehörigen, die nicht auf ihre Weise trauern dürfen und ist die würdige Erinnerung an die Menschen, die ermordet wurden.

Glücklicherweise entwickeln sich gleichzeitig Initiativen, die nach der Wahrheit suchen. Da sind die Frauen von Srebrenica, die seit 26 Jahren nach den Vermissten fragen, denn noch immer wurden nicht alle Leichen entdeckt. Von einigen Toten wurden nur zwei Knochen in zwei verschiedenen Gräbern gefunden, von anderen nichts. Die Suche geht weiter.

Andere Akzente in Richtung Aufarbeitung findet im Gedenkzentrum (Memorijalni Centar) in Srebrenica statt, welches unter anderem mit dem Zentrum in Auschwitz und anderen internationalen Institutionen kooperiert. Zum dritten Mal wird in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Nachkriegsforschung eine „Schule für junge Menschen“ organisiert. Das Memorijalni Centar soll ein Ort des Gendenkens, ein Museum, ein Archiv werden.

Ebenso führt die Vereinigung YU-Peace jedes Jahr am Meer eine Freizeit für junge Erwachsene durch. Die Teilnehmer:innen kommen aus allen Teilen Bosnien und Herzegowinas, aus Serbien und Kroatien. Sie setzten sich mit den Themen Krieg und Frieden auseinander, treffen Hinterbliebene der verschiedenen Lager, die gemeinsam gegen das Vergessen arbeiten und bilden Brücken über die Grenzen. Während des Jahres treffen sich die Teilnehmer:innen an verschiedenen Orten zu Workshops. So besuchen sie auch Srebrenica und das Gedenkzentrum. Sie haben die Chance, sich ohne Politisierung mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen und für die Zukunft zu lernen.

So wünsche ich den Menschen in dem Land, dass der Fall von Srebrenica zu einem mahnenden versöhnenden Erinnern wird, zu einem Lernen für eine friedliche Zukunft und zu Schritten, wieder gemeinsam zu leben, als Zeichen gegen Nationalismus und Korruption.

Damit könnte Srebrenica einen positiven Impuls für das Land setzen und mitten aus der serbischen Republik ein Ort des Friedens und der Demokratie erwachsen. Wie dringend die Welt dies braucht zeigt der Krieg in der Ukraine.

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